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Präventionsarbeit: Schützt und rettet Leben

Indien l November 2024


«Mein Wunsch ist es, mich eines Tages dafür einzusetzen, dass vielen anderen ein ähnliches Schicksal erspart bleibt».

Leela*


Armut: Lukrativer Nährboden für Menschenhändler

Wie in vielen Teilen Indiens, leiden auch die Menschen im Bundesstaat Westbengalen stark unter extremer Armut. Diese finanzielle Notlage bietet Menschenhändlern ideale Bedingungen, um Eltern sowie oft vernachlässigte Kinder und Jugendliche mit falschen Versprechungen zu ködern oder sogar zu entführen. Sie locken ihre Opfer mit vermeintlichen Jobangeboten, Ausbildungsmöglichkeiten oder vorgetäuschten Liebesbeziehungen.


Im Interview mit Leela


Leela* erzählt uns ihre Geschichte

Während der Projektreise nach Indien im September dieses Jahres besuchte ich gemeinsam mit der Projektpartnerin Anisha und dem Teamleiter Prakash unter anderem ein16-jähriges Mädchen namens Leela. Nachdem sie Vertrauen zu uns gefasst hatte, erzählte sie uns ihre Geschichte: "Meine Eltern waren Tagelöhner und meistens den ganzen Tag unterwegs. Meine zwei Geschwister und ich blieben oft tagelang allein zu Hause – das war sehr schwierig für uns. Eines Tages sprach mich ein gutaussehender junger Mann an. Er war so lieb zu mir und ich verliebte mich in ihn. Kurze Zeit später machte er mir einen Heiratsantrag, den ich sofort annahm – ich konnte mein Glück kaum fassen."


Die Freude wurde schlagartig zum Alptraum

"Das Vertrauen, das ich ihm geschenkt hatte, missbrauchte der junge Mann schamlos, um mich kurze Zeit später über die Grenze nach Nepal zu locken. Dort wurde ich monatelang gefangen gehalten und von zahlreichen Männern schwer misshandelt. In mir schrie es unaufhörlich – ein lautloser Schrei, der niemals endete. Ich war überzeugt, dass ich dort sterben würde."

Präventionsarbeit: Schützt und rettet

Häufig stellen wir fest, dass unsere Sensibilisierungsvorträge nicht nur Gefährdete vor Menschenhandel bewahren, sondern auch massgeblich zur Befreiung von Betroffenen beitragen. Familienangehörige von verschwundenen Kindern oder Jugendlichen wenden sich aufgrund ihrer Teilnahme an einem Präventionsvortrag oft an unser Team. Aus diesem Grund legt SOLVA besonderen Wert auf die Präventionsarbeit – sie schützt und rettet Leben. Dabei sind sowohl die Aufklärung über Menschenhandel als auch die Unterstützung zur finanziellen Stärkung der Familien von zentraler Bedeutung. Dies erreichen wir durch folgende Maßnahmen:


·   Sensibilisierungsvorträge: Für Eltern, Kinder, Jugendliche und Lehrpersonen

·   Kinderhort: Nachmittagsbetreuung, Aufklärungsarbeit und Lernunterstützung

·   Beobachtungsgruppen: Sind an Bus- und Zugbahnhöfe positioniert, um potenzielle

Opfer abzufangen, bevor sie wegreisen und oft für immer verschwinden

·   Nachhaltige finanzielle Unterstützung: Kleingewerbe & Kooperativen - Damit Eltern ihre Kinder nicht zur Arbeit wegschicken oder sie gar verkaufen - Die regelmässigen Treffen der Kooperativen dienen gleichzeitig dem regelmässigen  Austausch über Menschenhandel & häusliche Gewalt

· Schulungen und Zusammenarbeit: Lokale Behörden / Polizei / Freiwillige Helfer

 

Hätte ich davon gewusstLeela’s Familie realisierte ihr Verschwinden bald und wandte sich verzweifelt an die Dorfpolizei. Doch wie in vielen Fällen, blieb diese untätig. Eine Verwandte von Leela erinnerte sich jedoch an einen Vortrag, den der SOLVA-Mitarbeiter Prakash zum Thema Menschenhandel gehalten hatte. In ihrer Not wandte sie sich an ihn. Dank des Netzwerks, das Prakash mit Dorfvorstehern, einflussreichen Persönlichkeiten und der Grenzpolizei aufgebaut hat, konnte Leela gerettet, an einen sicheren Ort gebracht und der Täter verhaftet werden.


Auf die Frage nach ihrem Befinden antwortet Leela folgendes:

· Ich bin unendlich dankbar, aber gleichzeitig unsicher und ängstlich.

·   Ich schäme mich, dass ich so naiv war. Hätte ich von der «Lover-boy» Masche gewusst, wäre ich nicht darauf hereingefallen.


Bis sich die Wogen etwas geglättet haben, lebt Leela bei einer Verwandten. Der Hauptgrund ist, dass die Menschen in ihrem Dorf schlecht über sie sprechen. In der indischen Kultur ist es leider ein äußerst trauriges, aber gleichzeitig weit verbreitetes Phänomen, dass vergewaltigte Mädchen als unrein betrachtet und aus der Gesellschaft ausgestoßen werden.

Leela bei ihren Verwandten zu Hause


Sich für andere einsetzen

Das SOLVA-Team unterstützt Leela und ihre Familie auf ihrem langen Weg, das erlebte Trauma zu verarbeiten. Besonders freut es Leela, dass sie wieder zur Schule gehen kann, was ihr hilft, ein Stück Normalität in ihrem Leben zu erhalten. Ihre Erlebnisse beschreibt sie rückblickend folgendermassen: «Die Erinnerungen an diese furchtbaren Erlebnisse holen mich immer wieder ein. Doch ich bin unendlich dankbar, wieder in Sicherheit zu sein und zur Schule gehen zu können. Mein Wunsch ist es, mich eines Tages dafür einzusetzen, dass vielen anderen ein ähnliches Schicksal erspart bleibt».

 

Mögen wir uns weiterhin gemeinsam einsetzen, damit wir viele weitere Menschen wie Leela befreit und in eine bessere Zukunft begleitet werden.

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