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Gefangen im Bordell

Indien l Juni 2022


Chaya* wurde mit 16 Jahren von ihrem “Freund” an ein Bordell verkauft Chaya lebte glücklich mit ihrer Familie. Es ist nicht selbstverständlich, dass sich ihre Eltern so gut um sie und ihre zwei Geschwister sorgen. Seit dem Ausbruch der Pandemie müssen sie jedoch hart kämpfen, um ihre Kinder zu ernähren. Monatelang hatten sie keinen Job. Und wenn sie einen fanden, dann weit weg, so dass sie ihre Kinder zum Teil alleine zuhause zurücklassen mussten. Die Familie litt immer wieder an Hunger.


Ein guter Freund Schon immer ging Chaya gerne zur Schule. Umso glücklicher war sie, als im Herbst die Schulen wieder öffneten, nachdem sie wegen der Pandemie über anderthalb Jahre ge-schlossen waren. Als sie eines Tages nach dem Unterricht auf dem Heimweg war, sprach sie plötzlich ein junger gutaussehender Mann aus dem Nachbardorf an. Seine charmante Art zog sie von Anfang an in seinen Bann. Schon bald entstand zwischen ihnen eine wunderbare Freundschaft – so meinte sie. Als Ashish*, der besagte Freund, ihr im November 2021 offen-barte, dass er nach Goa gehen wollte, und zwar mit ihr, um dort Geld zu verdienen, war sie zunächst sehr überrascht. Doch das Angebot, Geld zu verdienen, um ihren Eltern finanziell zu helfen, klang sehr verlockend. Zu diesem Zeitpunkt ahnte sie nicht im Geringsten, um was für eine abscheuliche Arbeit es sich handelte. Vielmehr versetzte sie der Gedanke, mit ihrem neu gewonnenen Freund in die weite Welt zu reisen, in grosse Aufregung. Und schliesslich vertraute sie ihm.

Höchste Anzahl an Opfern Indien ist weltweit am stärksten vom Menschenhandel betroffen. Laut Reuters verzeichnet das Land über 20 Millionen Opfer, mindestens 2 Millionen mehr als vor der Covid-19-Pandemie. Rund 16 Millionen Frauen und Mädchen sind im Sexhandel gefangen. Es exis-tieren Gesetze gegen die Täter, die jedoch nur selten und wenn, nur sehr träge angewendet werden. Polizei und Justiz gehen gegen dieses Verbrechen sehr zögerlich vor und nur selten werden Täter verurteilt. Umso wichtiger ist die Arbeit von PUSH, ein Zusammenschluss ver-schiedener NGOs, die sich gemeinsam für die entschiedene Anwendung der vorhandenen Gesetze, eine aktivere Polizei und verschärfte Kontrollen einsetzt.

Vielversprechende Reise Ohne ihren Eltern etwas zu sagen, machte sich Chaya voller Aufregung und Freude mit ihrem Freund auf die Reise. Doch es ging nicht – wie besprochen – nach Goa, sondern nach Gujarat. So freudig die Zugfahrt begann, umso verängstigter wurde sie, als Ashish sich im Verlauf der Reise plötzlich schlagartig änderte: „Ich verstand gar nicht, was passiert war. Er war plötzlich so anders als vorher. Zuerst wollte ich es gar nicht richtig wahrhaben. Doch langsam bekam ich ein immer komischeres Gefühl. Panik stieg in mir hoch. Doch ich konnte nichts tun, denn wir waren ja im Zug.“ Kaum in Gujarat angekommen, wurde Chaya an einen anderen Mann übergeben – verkauft. Ein unfassbarer Alptraum begann. „Kaum wurde das Geld an Ashish übergeben, verschwand er. Voller Panik schrie ich ihm hinterher. Aber ich hatte keine Chance. Mein neuer Begleiter zerrte mich in ein Auto und fuhr mich in ein schreckliches Haus“. Chaya wurde an einen Bordellbesitzer verkauft. Es waren bereits viele andere Mädchen dort. Über Monate wurde Chaya, wie auch die anderen Mädchen, brutal missbraucht. Sie war völlig erstarrt.

Dank Aufklärungsarbeit befreit In der Zwischenzeit hatten die Eltern erfahren, dass ihre Tochter mit Ashish fortgegangen war. Sie waren am Boden zerstört! Sie wussten nicht, wo sie nach ihr suchen sollten. Glück-licherweise informierte einer der Dorfbewohner, der an einem Aufklärungsprogramm der Partnerorganisation von SOLVA teilgenommen hatte, das Team von Ashray über das vermisste Mädchen. Sogleich traf sich das Team mit den Eltern, unternahm intensive Re-cherchen, stellte eine Verbindung zur Kinderschutzbehörde Child Line her und reichte eine Anzeige ein. Zusammen mit der Anti-Human Trafficking-Unit konnten sie Chaya ausfindig machen und sie am 20. Februar 2022 befreien.

Leben voller Scham Nach einem Monat unter staatlicher Obhut wurde Chaya schliesslich zu ihren Eltern zu-rückgebracht. Derzeit lebt sie wieder bei ihrer Familie. Doch das Erlebte hat sie stark traumatisiert. Zurück bleibt ein Mädchen voller Scham, das sich versteckt hält. Das Team vor Ort wird sie und ihre Familie weiterhin auf ihrem Weg der Heilung begleiten und unterstützen.

Zusammen mit SOLVA setzt sich mit ihrer Partnerorganisation in Indien dafür ein, Gefährdete von Menschenhandel zu schützen, Gefangene zu befreien und Betroffenen nachhaltig eine hoffnungsvolle Zukunft zu ermöglichen.



*Aus Sicherheitsgründen werden Namen geändert, Partnerorganisation und Ortschaft nicht erwähnt








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